

„Der Gedanke an ein Standard-Biopic machte mich irgendwie paranoid. Darum habe ich mich sehr bemüht, etwas Persönliches zu machen, aber ohne dass es banal oder gar kindisch würde so wie viele Filme dieses neuen Genres. Man könnte es vielleicht das ‚Familien-Film-Künstler-Biopic‘-Genre nennen.“
Andrew Neel gelingt die schwierige Herausforderung: Das Portait einer berühmten Portraitmalerin. Er erkundet die privaten Zusammenhänge und die gesellschaftlichen sowie kunstgeschichtlichen Gegebenheiten, unter denen das Werk seiner Großmutter, der amerikanischen Malerin Alice Neel (1900-1984), entstanden ist. Sie erfand das Genre der Portraitmalerei neu, indem sie die innere Welt der Portraitierten abzubilden vermochte (unter ihnen Andy Warhol, Annie Sprinkle, Bella Abzug und Allen Ginsberg). Durch die beeindruckende gesellschaftliche Diversität ihrer Modelle – sie malte Führer der Kommunistischen Partei ebenso wie Persönlichkeiten der Kunstwelt oder ihre Nachbarn in Spanish Harlem – dokumentierte Neel in ihrem Œvre auch die New Yorker und amerikanische Gesellschaft des 20. Jahrhunderts.
Der Film folgt dem Lebensweg Neels von den zwanziger Jahren an der Philadelphia School of Design for Women zu dem von Bedürftigkeit geprägten Künstlerleben im New York der Nachkriegszeit und zeigt den Wendepunkt in ihrem Künstlerdasein, wenn sie zu einem Symbol der Frauenbewegung wird und das Whitney Museum of American Art 1974 eine Retrospektive ihrer Arbeit(en) zeigt.
„Ich habe es also geschafft, aber es hat mich viel gekostet, und andere wahrscheinlich auch. Es ist sehr schwierig, gegen die Strömung der eigenen Zeit, der eigenen gesellschaftlichen Verortung anzugehen. Aber letztendlich habe ich nur versucht, das 20. Jahrhundert und meine Gefühle und Wahrnehmungen als Mädchen und Frau auf unschuldige Art und Weise zu reflektieren.“ (Alice Neel)