DOKU.ARTS
Zeughauskino Berlin
09.09.–27.09.2015

Antwerp Central

Der riesige Hauptbahnhof von Antwerpen, entworfen von dem Brügger Architekten Louis Delacenserie und 1905 eröffnet, steht im Mittelpunkt von virtuosen Reflektionen in W.G. Sebalds letztem Roman Austerlitz (2001). Peter Krügers poetischer Dokumentation setzt da an, wo Sebald aufhört. Er führt uns durch die immensen Hallen des Bahnhofs und visualisiert in Nahaufnahmen und eingehenden Analysen das, worüber Sebald so meisterhaft schreibt.

Der Filmemacher sicherte sich die enge Zusammenarbeit der Eisenbahnbehörde (die das Gebäude während des Drehs restaurierte) und der Stadtverwaltung, so dass er Zugang zu Räumen und Blickwinkeln hatte, die die Öffentlichkeit in der Regel nicht zu sehen bekommt. So kommen wir in den Genuss, den Bahnhof menschenleer und ohne die üblichen Scharen an Reisenden zu erleben – ein seltenes Privileg.

Auf Sebalds Spuren wandelnd sucht Krüger auch nach den Gespenstern der belgischen Kolonialgeschichte – einem dunklen und wenig aufgearbeiteten Kapitel der nationalen Vergangenheit. Sein Ansatz ist dennoch subtil und poetisch. Der Film ist eine Hommage an den Traum der Architektur: an die majestätische Pracht einer Stadtplanung des Fin de Siècle, die in ihren öffentlichen Bauten Fantasie, Ornament und Ehrgeiz mehr als alles andere schätzte.

Peter Krüger

Peter Krüger ist Autor, Regisseur und Produzent. 1993 schloss er sein Philosophiestudium an der Universität Leuven ab und belegte Kurse des MEDIA Programme sowie Meisterklassen in Kinematographie und Opernregie. 1993 war er Mitbegründer von Inti Films, einer unabhängigen Produktionsfirma mit dem Schwerpunkt kreative Dokumentarfilme. Krüger ist außerdem Mitglied der Auswahlkommission des Flämischen Filmfonds. Neben seiner Tätigkeit als Dokumentarfilmer (u.a. Nazareth, Poets of Mongolia und The Eclypse of Saint-Gillis) unterrichtet Krüger im Fach Dokumentarfilm an der Filmschule Brüssel und bietet dort Gastseminare zu Filmregie und –produktion an.